Aus dem Sanella-Album China Tibet Japan

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Auf dem Bahnhof von Tschutschau, wo sie umsteigen, steht ein Güterzug. Sechzig Wagen mit Kohle, Eisenerz, Reis in Säcken, Tee und Porzellan in Kisten, Tabak und Baumwolle in Ballen, Reiswein und Kamillenöl in großen Steintöpfen. Bei Pingsiang in der Provinz Kiangsi ("westlich vom Kiangfluß") sehen sie eine der großen Kohlenminen Chinas: Fördertürme, Kokereiöfen, Eisenhütten, Wohnungen für 10 000 Bergarbeiter in chinesischer und europäischer Bauart. Nantschang, die Provinzhauptstadt von Kiangsi, war im Bürgerkrieg jahrelang das Hauptquartier von General Tschiangkeischek. Von hier aus unternahm er viele Feldzüge gegen Mao Tse=tung, den Führer der chinesischen Kommunisten, der anfangs in den Bergen von Südkiangsi seinen Machtbereich hatte. Die Provinz Kiangsi hat im Bürgerkrieg schwer gelitten. Allenthalben auf den Bergen sehen Tom und Wang noch die Felsenfestungen der Bürgerkriegsgenerale. - In der Provinz Tschekiang gibt es kaum Spuren des Bürgerkrieges. Hier ist alles friedlich und lieblich. Reisfelder, Teegärten, Plantagen von Maulbeersträuchern für die Seidenraupenzucht, Hügelhänge mit Bambus und wilden Azaleen. Viele Kanäle mit Kamelrückenbrücken, Tempel, Pagoden und Dörfer mit weißgekalkten Lehm= und Steinmauern.

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Hangtschau

Von Hangtschau, der Provinzhauptstadt, sagen die Chinesen, daß sie die schönste Stadt Chinas sei. "Wer Hangtschau gesehen hat, kann ruhig sterben", heißt ein chinesisches Sprichwort. Über den hier vier Kilometer breiten Tsientangfluß führt keine Brücke. Auf der Bootsfähre beschließen Tom und Wang, noch einmal einen Zug zu überschlagen und sich Hangtschau anzusehen. Die Fahrkarte von Kanton bis Schanghai hat nur 42 Dollar und 60 Cents gekostet. Sie haben noch viel Geld! Riesige, wohlerhaltene Steinmauern umgeben die Stadt Hangtschau an vier Seiten. Sie stammen aus der Zeit, als sie Hauptstadt des ganzen chinesischen Reiches war. Unter der östlichen Stadtmauer liegen auf dem Kaiserkanal Tausende von Sampans und Dschunken. Auf dem Kanal können sie vom Tsientangfluß bis nach Peking segeln oder getreidelt werden. 1500 Kilometer! Das ist zehnmal die Länge vom Suezkanal, zwanzigmal die Länge des Panamakanals! Das Stück des Kaiserkanals zwischen Hangtschau und dem Jangtsekiang wurde schon in den Jahren 615-18 n. Chr. gebaut. Am Westtor, dem "Tor des aufquellenden Goldes", mieten Tom und Wang sich ein Ruderboot für eine Rundfahrt auf dem Westsee.

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Hier ist auch Marco Polo von kaiserlichen Dienern herumgerudert worden, nach Tempeln und Pagoden, Inseln und Pavillons, Gärten und Brücken, Lotoslagunen und Goldfischteichen. Von den drei Pagoden in der Mitte des Sees können sie sieben Pagoden auf Uferbergen sehen. Sie haben keine Zeit, die 72 Sehenswürdigkeiten anzusehen, die Marco Polo gepriesen hat. Nur den Bergtempel "Kühler Strom" besuchen sie noch. Hier photographieren sie sich gegenseitig vor dem Felsenbild des lächelnden Buddha. Bevor sie den Hangtschau-Schanghai=Expreßzug besteigen, der sie zu ihren Vätern bringen wird, schicken sie noch ein Telegramm:

ANKOMMEN SCHANGHAI NORDBAHNHOF 20.35

Fünfmillionenstadt Schanghai

Zwischen Hangtschau und Schanghai verliert sich das Bergland Südchinas in einer großen Ebene. Im Mündungsgebiet des Jangtsekiang liegt die Fünfmillionenstadt Schanghai in einer Landschaft, die so flach wie ein Tisch ist. Viele Kanäle durchziehen das fruchtbare Schwemmland, und hohe Deiche schützen es vor Überflutungen durch Flüsse und Meer. Reisfelder wechseln mit Bohnen= und Gemüse=, Hanf= und Baumwollfeldern ab. Dazwischen sind Gärten mit Maulbeersträuchern und Pfirsichbäumen und unzählige Dörfer und Städte. Nirgendwo in China wohnt die bäuerliche Bevölkerung so dicht wie in der 

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