Aus dem Sanella-Album China Tibet Japan

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Namen aller japanischer Handelsschiffe vorkommt, bedeutet nicht nur Schiff. Es hat ebenso wie viele chinesische Wörter mehrere Bedeutungen, z. B. Sonnenball, Vollkommenheit und tapferer Junge. Sakura aber ist der Name für den blühenden Kirschbaum, der seiner Blüten wegen überall in Japan angepflanzt und verehrt wird. Wallfahrten zu den Kirschblütenhainen sind in diesem Land ein Volksfest wie das Neujahrsfest in China, Am Mast der "Sakura Maru" weht der Hino Maru, die Japanische Flagge mit dem roten Sonnenball im weißen Feld. Nach dem grauen Schanghaier Winter scheint die Sonne wieder vom blauen Himmel. Die See ist ruhig. Klein sind die weißen Wogenkämme des grünlichblauen Wasser. Die Zeit der Taifune ist vorbei. "Japan liegt vor den Toren von China", hat Tom einst in der Schule gelernt, aber es dauert immerhin 30 Stunden, bis die "Sakura Maru" mit ihrem 15=Knoten=Tempo das Ostchinesische Meer überquert hat. Erst am Mittag des nächsten Tages taucht die Felsenküste der großen japanischen Südinsel Kiuschiu am östlichen Horizont auf. Der freundlich Englisch sprechende Kapitän macht Tom auf einige Punkte der Küste aufmerksam. "Der höchste Berg, etwas zur rechten Hand, ist der Unzendake, 1360 Meter hoch. An seinem Abhang liegt das Schwefelbad Unzen, wo euer Freund Nakamura wohnt. Der weiße Dunst über dem Berg ist keine Wolke, das sind die Schwefeldämpfe von Unzen. Kiuschiu hat neben Schwefelquellen auch heiße Quellen und tätige Vulkane. Laß dir auf keinen Fall eine Besteigung des immer rauchenden und manchmal auch spuckenden Aso=Vulkanes in Zentral=Kiuschiu entgehen, Von dem bißchen Aschenregen hat ein Junge wie du ebensowenig Angst wie ein Seemann vor einem Taifun."

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Auf den Spuren eines deutschen Japanforschers

Der Hafen von Nagasaki liegt am Ende einer tiefen Bucht, die durch hohe Berge und vorgelagerte Inseln gegen alle Stürme und Meereswogen geschützt ist. Tom hat sich vorgenommen, in Nagasaki zwei Dingen nachzugehen: den Spuren der amerikanischen Atombombe, die am 9. August 1945 einen großen Teil der Stadt zerstörte und mit der japanischen Kapitulation das Ende des 2. Weltkrieges herbeiführte; dann aber auch den Spuren eines deutschen Mannes, der als einer der ersten das damals noch mittelalterliche Japan bereist und geschildert hat. Engelbert Kämpfer, ein Westfale aus Lemgo, lebte von 1690 bis 1692 in Nagasaki auf der Hafeninsel Deschima und machte von hier aus eine Reise nach Tokio, genau das also, was Tom jetzt vorhat. Aber welcher Unterschied zwischen damals und heute! 1690 war Japan für die Weißen ein verbotenes Land wie es Tibet bis in das 20. Jahrhundert hinein gewesen ist. Rund 200 Jahre lang, von 1637 bis 1854 hatten die Schogune, die damaligen Herren des Landes, jede Berührung der Japaner mit der Außenwelt verboten. Kein fremdes Schiff durfte einen japanischen Hafen anlaufen, und kein japanischer Dschunkenführer bekam die Erlaubnis, nach einem fremden Hafen auszulaufen. Nur in Nagasaki ließen die Schogune eine Ausnahme zu. Hier durfte jedes Jahr ein einziges holländisches Schiff an der Insel Deschima landen, holländisches Tuch, indische Webwaren und Gewürze von den Molukken ausladen und für die Rückreise Gold, Silber und Kupfer, Tee, Lackwaren und Porzellan eintauschen. Als Schiffsarzt auf einem holländischen Ostindienfahrer kam Engelbert Kämpfer nach Nagasaki. Mit der holländischen Gesandtschaft, die dem Schogun alljährlich einen Tribut zu überbringen hatte, durfte er nach Tokio reisen. Dabei hat der deutsche Arzt und Naturforscher das Land und seine Bewohner so gründlich studiert, daß er als erster Europäer ein fast 800 Seiten starkes Reisebuch über Japan schreiben konnte. Die "Sakura Maru" legt an einem Pier in Deschima an. Heute ist die frühere Insel ein Stadtteil von Nagasaki und durch mehrere Brücken mit der übrigen Stadt verbunden. Ganz in der Nähe des Piers findet

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