Aus dem Sanella-Album China Tibet Japan

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Tom erschrickt. Die Figur gleicht seinem Amulett in allen Einzelheiten. Aber am Rand fehlt kein Stein. Zwischen dem jadegrünen und der Perle ist ein leuchtend gelber Topas. Der Abt ergreift Toms Arm und tippt auf die Zehn seiner Armbanduhr. "Men", sagt er, und deutet dabei in die Richtung des Tempeltores an der Straße. Tom nickt. Er versteht. "Um 10 Uhr am Straßentor." Er hat eine halbe Stunde Zeit, sich in der Lamaserei umzusehen. Im zweiten Hof ist auf einer Steintafel die Geschichte der Lamakirche in chinesischer, tibetanischer, mongolischer und mandschurischer Schrift eingehauen. Mönche und Besucher des Tempels drehen eifrig die im Freien aufgestellten Gebetsmühlen. Jede Umdrehung gilt für tausend Gebete. Zehnmal läßt auch Tom die Gebetstrommel kreisen. Punkt zehn Uhr ist er am Tor. Ein Lama mit gelbem Hut drückt ihm eine in Zeitungspapier eingewickelte Rolle in die Hand. "Can go Lhasa", flüstert er ihm freundlich lächelnd zu. Tom wagt es nicht, das Päckchen in der Rikscha zu öffnen. Das Einwickelpapier ist eine ganz neue Zeitung. Sofort fällt Toms Blick auf zwei dicke Druckzeilen:

REGIERUNGEN IN PEKING UND LHASA WOLLEN ÜBER EINEN ANSCHLUSS TIBETS AN CHINA VERHANDELN! DER ABT DES PEKINGER LAMA=KLOSTERS REIST NÄCHSTE WOCHE NACH LHASA, FLIEGT BIS BATANG.

 

Im Hotelzimmer schließt Tom sich wieder ein. Die Rolle ist ein vier Meter langes, ellenbreites Seidenband, je ein Stück weißer und rot=, blau=, schwarz= und gelbgefärbter Seide. Auf jeder Farbe steht in einer anderen Schrift ein Text; unter jedem ist ein großes rotes Siegel. Ganz am Ende, um den Rollstab gewickelt, ist auf weißem Briefpapier eine Mitteilung in Englisch eingeheftet. "Tom Birkenfeldt, ein deutscher Junge, ist eingeladen, den Abt des Lamatempels in Peking auf seiner Reise nach Lhasa zu begleiten. Abflug vom Nan Yüan=Flugplatz. PS. Die genaue Zeit wird durch einen geheimen Boten mitgeteilt." Tom hüpft das Herz vor Freude. Seinem Vater will er nicht eher etwas sagen, als bis die Reise ganz sicher ist.

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